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I survived Sibiria – meine Pressereise in die kälteste Grossstadt der Welt

Dieser Beitrag enthält Werbung für National Tourist Information Center Yakutia und Visit Yakutia

Hallo, du,

ich bin wieder zurück von meinem Sibirien-Trip und heute den ersten Tag im Büro. Die Woche in Jakutsk ist viel zu schnell vorbeigegangen, und ich sitze hier etwas zerknautscht und müde am Schreibtisch herum. Eigentlich kann ich es noch gar nicht glauben, dass ich wieder da bin. Fühlt sich so surreal an.

Du ahnst gar nicht, wie gut mir diese Woche getan hat, einfach mal weg von allem, und wie stolz ich darauf bin, dass ich mich das getraut habe.

Heute möchte ich dir ein paar sehr persönliche Eindrücke in dieses wunderschöne Fleckchen Erde geben, lasse Einheimische zu Wort kommen und werde dir verraten, was mich am meisten an dieser Reise gereizt hat.

sibirien tanja marfo

Wie kam es dazu, dass ich nach Sibirien geflogen bin?

Eigentlich war es purer Zufall, und irgendwie auch Schicksal. Vor circa einem Monat sagte ich zu einer Freundin, dass ich sehr gerne mal wieder nach Russland reisen würde. Ich war zuletzt für einen Austausch dort, das ist aber knapp zwanzig Jahre her. Ich habe mich damals sehr in die prunkvollen Häuser, die liebevollen Menschen und die beeindruckende Architektur verliebt. Mein Russisch ist zwar eingerostet, aber ich wollte gerne mal wieder hin. Als es dann eine offizielle Einladung über meine Freundin Katrin vom Ministerium für Tourismus und Wirtschaft gab, war ich ganz aus dem Häuschen. Ich sagte sofort Ja, obwohl ich nicht richtig wusste, was auf mich zukommen wird. Und Sibirien ist mal echt weit weg. Ich war echt platt und überrascht, aber ich wollte mir dieses Abenteuer auf keinen Fall entgehen lassen.

Es musste alles ganz schnell gehen, denn die Reise sollte schon in knapp zehn Tagen starten. Ich musste mich um ein Visum kümmern, einen neuen vorläufigen Reisepass und passende Kleidung, die mich warm hält. Gott sei Dank war das Team von Ulla Popken sofort dabei, mich zu supporten, und ich konnte mich mit entsprechender Kleidung eindecken.

Love Yakutia

Meine Reise sollte nach Jakutsk gehen, dem kältesten Ort der Welt. *brrr
Nun fängt der Winter in Jakutien gerade erst an, und so hatten wir höchstens minus 39 Grad. 🙂 Also quasi Frühling *lach*

Ende Dezember und Januar geht die Temperatur schon gerne auf minus 50 Grad. Die kälteste Region in Jakutien ist von Jakutsk circa zwei Flugstunden entfernt. Die jemals tiefste dort gemessene Temperatur lag bei knapp 71 Grad unter null. Und kaum vorstellbar – dort leben 500 Menschen und trotzen der Eiseskälte. Ich glaub Chuck Norris lebt dort auch 🙂

„Willst du da wirklich hin?“

fragte mich meine beste Freundin, und auch meine Eltern meinten, dass ich keine Ahnung habe, wie kalt es dort wirklich ist. Allen zum Trotz war ich mir jedoch sehr sicher, dass ein solches Angebot nicht jeden Tag in meinem Postfach liegt. Es würde schon seinen Sinn haben, warum gerade ich dorthin reisen soll. So war es dann auch.

Minus 30 Grad habe ich bereits in Polen miterlebt, die anderen paar Grad stecke ich schon locker weg, dachte ich.
Ich würde sagen, dass ich mir eine gute Eigenschaft angeeignet habe in den letzten Jahren. Ich zerdenke die Dinge nicht mehr. Wenn ich nicht genau weiß, was mich erwartet, dann ist das ok. Ich brauche einen Plan, aber nicht bis ins kleinste Detail. Hauptsache, ich habe die richtige Kleidung, ein Bett, ausreichend Schlaf und genug Kaffee und Essen. Sonst … wird es schwierig.

Also suchte ich mir warme Kleidung bei Ulla Popken aus, packte meine Schneestiefel, meine dicksten Socken, genügend Mützen und Schals zusammen und begab mich auf die Reise nach Sibirien.

Ich gab meinen besten Freundinnen Bescheid, wo genau ich übernachten würde, sagte meinem Sohn und meinen Eltern am Flughafen über Videoanruf Tschüss, und flog mit drei weiteren Reiseteilnehmern von Berlin über Moskau nach Jakutsk – unserem Zielflughafen.

Die Flugzeit nach Jakutsk ist ziemlich lang und führt durch zwei Zeitzonen. Die erste in Moskau, die zweite am Zielort. Insgesamt ist uns Jakutsk acht Stunden voraus.

Meine absolute Horrorvorstellung war, dass mein Koffer nicht mitkommt, denn Kleidung in meiner Größe vor Ort zu bekommen wäre alles andere als leicht. Aber ich hatte Glück. Alles ging gut, auch wenn mein Gepäck offen und ohne Hinweis ankam, dass es durchsucht wurde. Es fehlte aber nichts, und so konnte mein Abenteuer Jakutien losgehen.

Bei der Ankunft wurden wir bereits freudig von unserem Dolmetscher und der Reiseveranstalterin erwartet, die uns die folgenden Tage nicht mehr von der Seite weichen sollten.

Asel, einer der Reiseleiter, setzte mir als erstes eine warme Mütze auf und half uns mit unserem Dolmetscher Dimitri, die Koffer in unseren Wagen zu laden. Der erste Atemzug der kalten Luft war krass und brannte regelrecht in der Lunge. Bei unserer Ankunft waren es knapp -37 Grad, morgens um sechs Uhr.

Ich war unglaublich müde, meine Beine fühlten sich nach der langen Reise wie Wackelpudding an, und mein Kopf war irgendwie noch in Berlin.

Im Hotel angekommen konnten wir uns etwas frischmachen und in Ruhe frühstücken. Danach ging unsere Pressereise los. Wir hatten jeden Tag ein straffes Programm. Wer glaubt, dass Pressereisen Urlaub sind, den muss ich jetzt leider enttäuschen. Der Reiseveranstalter möchte so viel wie möglich von Land und Leuten vermitteln und hofft, dass durch die Berichterstattung andere Menschen auf das jeweilige Land aufmerksam werden.

Jakutien hat viel zu bieten, die Natur ist einmalig und noch so unberührt, der Winter lang und die Kälte eine Herausforderung. Meine erste Wahl für einen ungewöhnlichen Reise-Ort wäre es nicht gewesen. Aber je größer die Herausforderung, desto interessanter die Reise.

Malediven kann ja jeder.

sibirien tanja marfo

Jakutsk – unser Reise-Ort

In Jakutsk, der Hauptstadt der Republik Sacha oder eben auch Jakutien, waren wir für eine Woche im Hotel Azimut untergebracht. Von dort aus starteten viele unserer Tagestouren und Ausflüge. Die Stadt hat ein ähnliches Klima wie das knapp 700 Kilometer entfernte Oimjakon, der Kältepol der bewohnten Gebiete der Erde, und gilt daher als kälteste Großstadt.

Die klimatischen Bedingungen vor Ort sind in vielerlei Hinsicht eine Herausforderung für die Bewohner. Viele Häuser sind auf Beton-Stelzen gebaut, damit der darunterliegende Permafrostboden beim Auftauen nicht destabilisiert wird.

In Jakutsk lebten lange Zeit nur Russen, später kamen die Jakuten hinzu, die heute mehr als ein Drittel der Bevölkerung in der Hauptstadt ausmachen.

Wir Europäer waren überrascht vom Aussehen der Jakuten. O-Ton meiner Freundin, als ich ihr Bilder nach Deutschland schickte: „Die sehen dort ja gar nicht russisch aus, sondern asiatisch!“

Die Jakuten/Sakha ist der Name eines heutigen Turkvolkes, das in der autonomen Republik Sacha (Jakutien) innerhalb der Russischen Föderation im fernöstlichen Sibirien beheimatet ist.

Die Migration der Jakuten war die letzte Migration türkischer Bevölkerungsgruppen aus Zentralasien. Im Gegensatz zu allen anderen Turkvölkern sind die Jakuten nicht den südlichen oder westlichen Routen gefolgt, sondern wanderten nach Nordosten ins Tal der Lena. Dies erklärt das asiatische Aussehen.

Infraktruktur der Stadt 

16 Buslinien regeln den innerstädtischen Verkehr. Ansonsten gibt es Uber und Taxen.

Fernstraßen sind nur teilweise und mit Unterbrechung erreichbar. Im Sommer wird der Fernverkehr per Boot geregelt, im Winter über die Eisstraßen. In der Zeit dazwischen ist Jakutsk nur mit dem Flugzeug erreichbar.

Eine Anbindung zur (transsibirischen) Eisenbahn gibt es keine bzw. noch nicht. Man arbeitet daran, aber die Beschaffung finanzieller Mittel scheiterte des Öfteren in der Vergangenheit.

sibirien tanja marfo

Bodenschätze ohne Ende

Eine Legende besagt, als Gott die Welt erschuf, sei ihm beim Verteilen der Diamanten, Edelsteine und Bodenschätze ein Malheur unterlaufen, und fast all seine Kostbarkeiten hätten sich über den fernen Osten Russlands verstreut. Damit die Menschen diesen Reichtum und diese Fülle aber auch zu schätzen wissen, wurde ihnen auch der harte Winter und das Eis geschenkt. Wer dort überlebt, wird der Legende nach mit Reichtum beschenkt.

Der ganze Stolz Jakutiens sind die Bodenschätze. Rund ein Fünftel der weltweiten Menge an Diamanten kommt aus diesem Land. In der nationalen Schatzkammer von Jakutsk, in welchem ich leider keine Fotos machen durfte, habe ich unzählige Diamanten mit bis zu 9 Karat oder mehr bewundern dürfen, die nicht zum Verkauf stehen, aber einen unglaublichen Wert haben. Sie waren so wunderschön anzusehen.

Es gibt zwei Edelsteine, die ausschließlich in Jakutien vorkommen. „Der Brillant Jakutiens“ ist der Chromdiopsid, ein grüner Edelstein, der dem Smaragd ähnlich ist. Ein weiteres seltenes Exemplar ist der Charoit. Diese beiden Steine gibt es nur in diesem Teil der Erde.

Des Weiteren gibt es noch viele weitere Ressourcen, wie zum Beispiel Gold, Gas, Kohle und noch viel mehr Edelsteine.
Der größte Schatz, und das wurde uns immer wieder versichert, sind aber die Menschen Jakutiens.

sibirien tanja marfo

Leben bei -39 Grad … und es geht noch kälter

Viele von euch haben mich auf Instagram gefragt, wie ich denn bitte die Kälte von mehr als -39 Grad ausgehalten habe. Auch hier muss ich sagen, dass es gut ist, den Kopf auszutricksen. Ob es jetzt -20 Grad sind oder -30, ich wollte die Tagestemperatur gar nicht dauernd wissen. Wichtig ist nur, sich warm und in Schichten anzuziehen.

Winddichte, gefütterte und wasserabweisende Kleidungsstücke sind ein Muss.
Ich habe jeden Tag Thermounterwäsche und wärmende Langarm-Shirts unter meinen zwei Pullis getragen. Zusätzlich meistens noch Leggings unter meiner Jeans oder der Ski-Hose, die ebenfalls von innen gefüttert war. Meine mollige Ski-Jacke, eine Kunstfell-Mütze, meine gefütterten Boots und mein Schal plus Wollhandschuhe waren eine große Hilfe bei der Kälte.

Das Anziehen dauert morgens locker dreimal so lange und ist wirklich anstrengend. *lach*

Das ewige An- und Ausziehen ist aber noch schlimmer 🙂 Denn sobald du dich in einem neuen Gebäude aufhältst, wird es sehr schnell unerträglich warm. In den ersten zwei Nächten habe ich nachts ohne alles geschlafen, weil mir zu warm war. Bis ich herausgefunden habe, wie ich die Heizung herunterstellen kann. 🙂

Wie fühlen sich diese Temperaturen an?

Unglaublich! Ich hatte die ersten Tage das Gefühl, dass das Einatmen etwas brennt oder kribbelt. Das ging aber schnell vorbei. Ansonsten ist die Kälte anders als bei uns. Der Neuschnee gefriert sofort am Boden, und es ist nicht so rutschig.

Ich kann mich nicht erinnern, dass ich ein Streufahrzeug gesehen habe.

Die Straßen und alle Wege sind weiß, und der Schnee knirscht extrem beim Gehen.
Ansonsten gefrieren nach circa dreißig Minuten an der frischen Luft die Wimpern und die Haare ein. Das mitzuerleben ist völlig abgefahren.

Ohne Handschuhe geht es absolut nicht, die Finger fangen sehr schnell an zu brennen.

Was mich verwundert hat, war, dass die Motoren der Autos quasi die ganze Zeit liefen bzw. die Leute die Standheizung anhatten. Das stete An- und Ausschalten würde den Motor bei diesen Temperaturen schädigen, und das Auto würde vielleicht am nächsten Tag nicht wieder anspringen. Kein Wunder, dass der Dieselgeruch teilweise sehr extrem war 🙂

Der Umgang mit echtem Fell

Während man Fell bei uns nicht mehr trägt, ist der Umgang mit diesem Thema in Russland ganz anders. Vom Bären übers Eichhörnchen, Waschbär oder Nerz – alle Felle werden zum Verkauf angeboten, und immer wird das ganze Tier verarbeitet.
Man sagt auch gerne, dass das Fell eines Tieres am besten wärmt. Ich kann nicht sagen, dass ich viel über den Umgang mit Tieren und ihre Haltung in der Region Jakutiens weiß, aber ich habe den Dialog gesucht.

Unser Reiseleiter sagte mir, dass er Fellschuhe hat, die vierzig Jahre alt sind. Sie haben bereits seinem Großvater gehört und wurden in der Familie weitervererbt. Man trägt sie mit Stolz und Würde, und sie sind warm. „Wir müssen überleben. Ich kaufe mir nicht jedes Jahr eine neue Jacke.“

Insgesamt entstand bei mir das Gefühl, dass der Umgang mit Tieren und ihrem Fell wertschätzend ist. Aber ich kann und muss diese Frage auch nicht beantworten oder kritisieren. Ich wüsste nicht, wie es für mich wäre, wenn ich diesen Temperaturen ausgesetzt wäre.

yakutia tanja marfo

Religion und Tradition

In Jakutsk gehen Religion und Tradition Hand in Hand. Es gibt die russisch-orthodoxen Kirchen, aber auch die traditionellen Glaubensrichtungen. Schamanismus gehört zum Beispiel zum Alltag. Es ist völlig normal, an der Autobahn bei einem Schamanen-Baum zu halten und etwas zu opfern, egal ob Geld oder Nahrung. Die Götter sollen besänftigt werden, und auf der Reise soll dem Reisenden nichts passieren.

Ich habe mehrere Schamanen getroffen und einige ihrer Zeremonien mitgemacht. Eine Feuerzeremonie ist oft gleich, denn sie folgt einem bestimmten Ablauf. Die Gäste werden begrüßt und gesegnet. Frauen sowohl Männer führen sie durch. Das Feuer wird mit kleinen Minipfannkuchen „gefüttert“, und es werden Kräuter eingesetzt. Anschließend geht der Schamane mit der Schale durch die Besucher, und jeder fächert sich etwas vom Rauch zu. Es wird jakutisch gesprochen und gesungen, was sich für mich sehr mystisch anhörte. Manchmal wird auch noch die Maultrommel gespielt, ein kleines Instrument, welches weltweit bekannt ist und wir immer mal gehört haben. Traditionelles Trommeln und auch traditionelle Gesangstechniken wie das Kehlkopfsingen sind absolut beeindruckend.

Die erste Zeremonie fand ich besonders schön. Es wurde gesungen, gesegnet, der Gott des Feuers beschworen, und jeder Teilnehmer unserer Reisegruppe bekam ein Amulett und persönliche Worte mit auf den Weg.

Die Worte der Schamanin habe ich mit meinem Telefon aufgenommen und sie mir Wort für Wort übersetzen lassen. Sie bedeuten mir sehr viel, denn sie haben haargenau auf meine berufliche und persönliche Situation gepasst und werden mich jetzt mein Leben lang begleiten.

Noch mehr über Jakutsk und unsere Ausflüge kannst du im zweiten Teil lesen. Auf Instagram findest du in meinen Highlights unter „Tavel“ viele spannende Videos und ganz viel Action zu meiner Pressereise.

yakutia tanja marfo

Alles Liebe,

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  1. Schöner Bericht. Mal was anderes. Du lebst, was du sagst 😉 Das ist in der kurvigen Community ja leider nicht immer so, es gibt immer noch genug, für die Vielfalt und aus dem Mainstream auszubrechen, nur genau so lange en vogue ist, wie sie nicht anders können. Du bist anscheinend anders. Gefällt mir.